Erwiderung auf das Statement des F*KT-Bündnisses Thüringen bezüglich ihres kritikwürdigen Logos
Vor knapp einem Jahr schrieben wir eine
ausführlichere Kritik am Logo des Thüringer F*KT Bündnisses, bei
welcher wir herausstellten, dass es sich bei der islamischen
Verschleierung um ein äußeres Mittel zur Triebregulierung handelt
welches Männer vor den "unwiderstehlichen Reizen" der
Frauen schützen solle. Er steht damit für ein sexistisches und
misogynes Gesellschaftsbild in welchem den Individuen beider
Geschlechter die Fähigkeit zur Selbstkontrolle und sexuellen
Mäßigung abgesprochen wird.
Gleichzeitig lässt sich auch ein
Zusammenhang zwischen dem Aufstieg des Islamismus und der Zunahme
von verschleierten Musliminnen erkennen. Der Schleier ist damit
gleichzeitig ein Symbol von islamistischer Herrschaft und zudem
eines ihrer effektivsten Herrschaftsinstrumente welches weltweit
gegenüber Frauen mit Gewalt durchgesetzt wird. Wir schlossen unsere
Ausführungen mit folgender Conclusio:
„Solange weltweit Frauen systematisch unter den islamischen Schleier gezwungen und bei Verstößen terrorisiert werden, sollte völlig klar sein dass er schlicht ungeeignet ist um werbend für eine feministische Veranstaltungsreihe wirken zu können. Statt islamistische Symbolik zu affirmieren wäre ein Schulterschluss mit den im Iran für Freiheit und universelle Menschenrechte streitenden Frauen angebracht. Für diese muss jedoch die aktuelle Logowahl des Thüringer Bündnisses wie ein Schlag ins Gesicht wirken.“ (http://sisyphos-thueringen.blogspot.com/2018/03/zum-reaktionaren-charakter-des.html)
Nun hat es das Bündnis – nachdem die Kritik dieses Jahr neu aufflammte – endlich vollbracht eine Rechtfertigung für das Logo zu verfassen. Leider wird darin deutlich, dass dem Bündnis jede Fähigkeit zur Reflexion fehlt. Im folgenden wollen wir uns einige Passagen des Textes herausnehmen um dies zu veranschaulichen.
„Das Frauen*kampftagsbündnis Thüringen [...] hat unterschiedliche Ansichten, ist diskussionsfreudig und stellt die feministische Arbeit in Thüringen auf eine breite Basis. [...] Seit nun mehr als drei Jahren verwenden wir als Bündnis ein Logo auf dem eine Frau* mit Kopftuch zu sehen ist. In der damaligen Debatte zum Logo wurde diese Entscheidung von allen Bündnispartner*innen breit diskutiert und breit mitgetragen. Seit der damaligen Entscheidung sieht sich unser Bündnis aber auch mit einer immer wiederkehrenden Debatte um unser Logo konfrontiert, diese Debatte ist 2019 wieder unter unseren Beiträgen im Netz aufgetreten. Aufgrund von einigen verachtenden Beiträgen und hate speech mussten wir diese löschen, wir erklärten damals auch, dass wir uns zu unserem Logo äußern werden.“
Die Selbstdarstellung des Bündnisses als „diskussionsfreudig“ weisen wir strikt zurück. Als wir bereits Ende 2017 eine Diskussion über das Logo im Bündnis versucht hatten anzustoßen kam inhaltlich nichts außer ein paar diffusen Aussagen, dass man angesichts der gesamtpolitischen Situation nicht bereit wäre über den Islam zu diskutieren - folgerichtig wird auch im aktuellen Rechtfertigungstext das Wort "Islam" nicht ein einziges Mal erwähnt. In diesem fruchtlosen Diskussionsversuch hatten wir auch klargestellt, dass hier eine nach den Vorgaben der Islamisten vorbildlich verschleierte Person (bis auf die Hände und das Gesicht wird der ganze Körper durch ein langes Gewand bedeckt) abgebildet ist. Es geht also mitnichten nur um die Darstellung einer Kopftuchträgerin, die man ja auch mit modern gebundenen Tuch, einer (wie im Iran als Protestform gegen den Hijab beliebten) rebellischen Strähne oder unbedeckten Armen hätte zeichnen können. Stattdessen werden durch die Darstellung der "sittsamen" Kleiderordnung dem politischen Islam die Hände gereicht. Frauen, die das Unglück hatten, in mehrheitlich islamischen Staaten aufzuwachsen, werden zuvorderst von ihren Familien oder schließlich sogar von staatlichen Sittenwächern zur Verschleierung gezwungen. Individualität und Subjektivität wird den Frauen vorenthalten, stattdessen tragen sie das sichtbarste Kennzeichen ihrer eigenen Unfreiheit täglich auf ihren Häuptern. Ebendiese Deutungsweise, Frauen durch die Repräsentanz von islamischer Verschleierung sichtbar zu machen - und nicht etwa über ihre feministischen Kämpfe -, übernimmt auch das F*KT-Bündnis in seiner Argumentation und macht sich damit die Logik der Islamisten zu eigen.
"Wir wollen der Stigmatisierung von Frauen* mit Kopftuch bewusst entgegentreten, statt Teil ihrer gesellschaftlichen Ausgrenzung zu sein, denn Ausgrenzung erzeugt Rückzug."
Stigmatisierung und Ausgrenzung sind zentrale Funktionen der Verschleierung. Diese grenzt zum Einen die Frauen aus der Öffentlichkeit aus (nur in ihrem Privathaushalt und unter Ihresgleichen darf sie sich unverschleiert zeigen. Dringt ein Mann in diesen privaten Raum ein wird dieser zu einem Ort der Öffentlichkeit, was dann wiederum die Verschleierung der Frauen erfordert. Er steht also für ein System der räumlichen Verdrängung von Frauen). Weiterhin stigmatisiert und grenzt der Schleier diejenigen Frauen als "unkeusche Schlampen" aus, welche sich ihm verweigern und zu guter Letzt dient er auch als selbstbewusste Abgrenzung zu der als unmoralisch empfundenen westlichen Lebensweise. Der Schleier ist damit als Ausdruck eines selbstgewählten Rückzuges, angesichts der lästigen Anforderungen welche das Leben in der Moderne den Individuen abverlangt, anzusehen.
„Wir erkennen an, dass Kopftücher Produkt einer religiös-patriarchalen Unterdrückung sein können [!], dass heißt aber nicht, dass Frauen* mit Kopftuch keine Feminist*innen sind. Dieses Kleidungsstück kann aus einer individuellen und freien Entscheidungen, oder aber aus Zwang getragen werden.“
Da das Gerücht der freiwilligen Entscheidung zum Kopftuch sich hartnäckig hält, lasst uns deshalb kurz klarstellen: Muslime gehören auch immer zu den ersten Opfern der Islamisten. Deutlich wird dies an der zunehmenden Verbreitung der islamischen Verschleierung, welche heute auch von immer mehr Kindern, teilweise unter 9 Jahren, getragen wird. Eine freiwillige Entscheidung zum Schleier liegt in der Regel hier nicht vor, sondern das Kopftuch wird als eine äußere Maßnahme zur Regulierung des Triebes den Frauen und Mädchen durch Familienrat und Community aufgezwungen. Dieser Zwang muss sich dabei nicht in Form von expliziter Gewalt äußern. Aus Angst vor Isolation und Verstoßung beugen sich viele Mädchen aus muslimischen Elternhäusern scheinbar freiwillig diesem impliziten Druck und legen den Schleier an, um damit den Erwartungen ihres Umfeldes zu entsprechen. In jedem Fall ist aber die „Entscheidung“ Schleier zu tragen eine mit Konsequenzen: Man kann ihn nicht einfach so wieder ablegen ohne sich lästige Fragen und abfällige Bemerkungen aus Familie und sozialem Umfeld sicher zu sein.
Nun gibt es sicherlich darüber hinaus
auch Frauen die tatsächlich aus Überzeugung den Schleier anlegen.
Zum Beispiel aus Folkloregründen und weil er sie womöglich in
ihrem subjektiven Empfinden ästhetisch anzusprechen vermag. Solche
- in der Regel in westlichen Staaten sozialisierte - Frauen wären
aber mindestens damit zu konfrontieren, dass der weltweit übergroßen
Mehrheit an Frauen der Schleier direkt oder indirekt aufgezwungen
wird, es sich bei ihm also keineswegs um ein normales "modisches
Accessoire" handelt. Im besten Fall ermöglicht man es ihnen
dadurch ihre eigene Ignoranz zu reflektieren. Weiterhin sollte auch
völlig klar sein, dass Frauen - genau wie Männer - unter den
gegebenen gesellschaftlichen Verhältnissen zur Ausbildung
autoritärer Persönlichkeiten neigen und sich daher von autoritären
Gemeinschaftsideologien wie dem Islamismus angezogen fühlen. Solche
ideologisch überzeugten Islamistinnen bilden die zweite zu
berücksichtigende Gruppe der tatsächlich freiwillig sich
verschleiernden Frauen. Sie empfinden Freude daran sich selbst und
andere Frauen zu unterwerfen, weswegen sie unbedingt Gegenstand
einer feministischen Kritik sein müssen. Und nur weil diese
Islamistinnen oft auch sehr selbstbewusst daher kommen und so gar
nicht ins Klischeebild der unterdrückten muslimischen Frau zu
passen scheinen, macht diese das genauso wenig zu Feministinnen wie
es das eine Alice Weidel oder Frauke Petry als selbstbewusst
auftretende rechte Antifeministinnen machen würde.
„Wenn wir pauschal und ohne Rücksicht auf individuelle Motive generell Frauen* mit Kopftuch ausschließen, in dem wir sie bewusst nicht darstellen wollen oder von einem Logo verbannen, treffen wir gerade die Frauen*, die mit einem anderen – nicht deutschen - Weg Teil unseres emanzipatorischen Anliegens sein wollen. In allen Fällen wollen wir Frauen* sowohl in ihrem Kampf gegen Unterdrückung als auch in ihrer freien Entfaltung unterstützen. Aus dem Grund gehören Frauen* mit Kopftuch zu dem pluralen Frauen*bild, das wir durch den Frauen*kampftag darstellen wollen.“
Das Logo des Frauen*kampftagsbündnisses Thüringen bildet exakt drei Personen ab: eine stehende Person mit heller Hautfarbe, eine verschleierte Person mit dunkler Hautfarbe und eine Person mit "mitteldunkler" Hautfarbe in einem Rollstuhl. Unsinnig zu erwähnen, dass die Darstellung verschiedener Frauenkämpfe gegen Unterdrückung wesentlich vielfältiger sind, als es die drei gesichtslosen Role-models suggerieren, bleibt die Frage offen, warum die gehörige Anzahl Frauen, die in ihren Ländern unter Verschleierungspflicht und patriarchalen Dogmen leiden, keinen Platz im pluralen Weltbild des F*KT Thüringen gefunden haben. Wenn wir die Frage in der Logik der Verfasser/innen beantworten müssten, wäre der Schluss nahe, dass die groteske Überbetonung der "freiwillig" verschleierten Frau ein Produkt ebenjener "eurozentrischen Perspektive", ergo jenes "deutschen" Wegs ist, den das Bündnis, in vorauseilendem Gutmeinen, zu vermeiden versucht.
Als an einem materialistischen Feminismus interessierte Kritiker/innen des postmodernen Identitätsgebarens affirmieren wir allerdings solche Logik, kulturell differenzierter Freiheitsentwürfe, nicht. Emanzipation darf nicht zum Platzhalter für den Kampf um die Anerkennung der intersektionalen Unterdrückungsformen verkommen, vielmehr muss sie ein universeller Kampf um die Freiheit der Individuen aus Zwangsstrukturen wie Familie und Community sein. Mit dem politischen Islam ist keine Freiheit zu erreichen. Darum unterstützen wir die Initiative von "Terre des Femmes" nach einem Verbot der Verschleierung von Minderjährigen, setzen uns für den Erhalt des aktuellen Berliner Neutralitätsgesetzes und seine Ausweitung auf andere Bundesländer ein und unterstützen die Forderung nach einem absoluten Verschleierungsverbot in allen Schulen. Von einem feministischen Bündnis hätten wir aber zumindest erwartet, zum 40. Jahrestag der islamischen Revolution im Iran, Solidarität mit den dort gegen die Schleierpflicht kämpfenden Frauen zu zeigen. Da das F*KT Bündnis Thüringen seine Prioritäten offenbar anders setzt und es darüber hinaus, trotz der geäußerten massiven Kritik, auch weiterhin wider besseren Wissens mit misogyner Symbolik für sich zu werben versucht, wollen wir es nicht länger als feministischen Akteur anerkennen.
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